Audi-Boss Stadler vor Gericht
Die Verteidiger des ehemaligen Audi-Chefs Rupert Stadler werfen der Münchner Justiz ein "grob unfaires" Verfahren vor und fordern die Abtrennung des Prozesses gegen ihren Mandanten: „Nur weil der ehemalige Vorstandschef als Galionsfigur dabei sein musste", müsse er jetzt zwei Jahre lang mit drei Motorentwicklern vor Gericht stehen, sagte sein Anwalt Gerson Trüg vor dem Landgericht München.
Anklage in Schieflage
Den mitangeklagten Ingenieuren wird vorgeworfen, ab 2008 die Manipulation von Dieselmotoren für Autos in den USA und Europa veranlasst zu haben. Stadler steht unter Verdacht, im September 2015 von Manipulationen erfahren, aber den Verkauf in Europa nicht gestoppt zu haben. "Das ist ein völlig anderes Verfahren, künstlich daran angehängt", sagte Trüg. Bei der Verlesung der Anklage sei der Name Stadler erst nach fünf Stunden erstmals aufgetaucht. Stadler werde in dem Verfahren augenfällig rechtswidrig schlechter behandelt als andere Angeklagte. Viele Zeugen könnten ihre Aussage in diesem ersten Audi-Prozess verweigern, weil sie aktuell selbst noch Beschuldigte seien. Die Rechte der Verteidigung würden systematisch beschnitten, die ganze Anklage sei in "Schieflage", die "erhobenen Vorwürfe unzutreffend", konstatiert der Anwalt.
Der Bauernbua
Rupert Stadler selbst hat keine typische VW-Karriere hinter sich. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, dem Konzernpatriarch Ferdinand Piech und Martin Winterkorn, lernt Stadler das Konstruieren von Autos und Motoren nicht von der Pike auf. Er stammt von einem Bauernhof in Titting, unweit von Ingolstadt, dem Sitz des Premiumherstellers mit den 4 Ringen. Intern und im informellen Kreis nennen ihn Konzern-Führungskräfte deswegen auch schon mal "Bauernbua".
Stadler studiert an der Fachhochschule Augsburg Betriebswirtschaftslehre und heuert 1990 nach kurzer Zwischenstation bei Philips bei Audi an. Für den Premiumhersteller geht er nach Spanien und übernimmt nach seiner Rückkehr nach Deutschland ab 1997 die Rolle als Generalsekretär für den damaligen VW-Konzernchef Ferdinand Piech. Dieser habe ihn "gefordert, und dann hat er mich auch gefördert", so Rupert Stadler. Bis ganz nach oben, an die Spitze von Audi.
Hausdursuchung während Pressekonferenz
In den Fokus des Dieselskandals gerät Stadler erstmalig 2017, als die Staatsanwaltschaft am 15. März 2017 - parallel zur Jahrespressekonferenz in Ingolstadt - die Konzernzentrale durchsuchen lässt. Einen schlechteren Zeitpunkt für die Durchsuchung hätte es kaum gegeben, da die im Rahmen der Jahrespressekonferenz präsentierten Geschäftszahlen für 2016 völlig in den Hintergrund rücken. Stadler ist überrascht und bleibt schmallippig: "Wir kooperieren vollumfänglich mit den Behörden. Das versteht sich von selbst. Das ist unser eigenes Kerninteresse."
Audi-Boss muss in Untersuchungshaft
Persönlich ins Visier der Behörden gerät der Audi-Chef erstmals im Mai 2018. Ermittler werfen Stadler vor, dass er ab September 2015 Kenntnis von Manipulationen hatte, weshalb die Staatsanwaltschaft Stadlers Rolle im Diesel-Skandal in weiterer Folge auch genauer unter die Lupe nimmt. Wegen Verdunklungsgefahr muss er in weiterer Folge sogar für einige Monate in Untersuchungshaft. Seine Unschuld beteuert bis heute: „Ich bin der kritischste Kunde der Marke Audi. Und ich glaube, ich habe schon eine Gabe, auch technologische Sachzusammenhänge sehr, sehr tief zu verstehen, auch richtig zu hinterfragen."
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