Mercedes muss über 230.000 Fahrzeuge zurückrufen

Besitzer eines Mercedes-Vans Vito oder Viano der Baujahre 2010 bis 2014 erhalten aktuell Rückrufschreiben mit der Aufforderung, ihre Gefährte zum Softwareupdate in die Werkstatt zu bringen. Unter der KBA-Referenznummer: 011210 und dem Hersteller-Code NC2II651R verlangt das KBA die „Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen bzw. der unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems“. Die Rückrufaktion betrifft laut KBA weltweit 235.152 Fahrzeuge, davon 88.535 in Deutschland.     

Erst am 16. September hatte das Kraftfahrzeugbundesamt unter der Referenznummer 009424 und dem Herstellercode NC3II6515R einen Rückruf für Mercedes Sprinter der Baujahre 2013 bis 2018 veranlasst – ebenfalls wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen. Ein offizieller Rückruf des KBA erhöht die Chancen klagender Mercedes-Besitzer, sich vor Gericht gegen die Daimler AG durchzusetzen, deutlich.

Daimler sieht sich im Recht

Daimler hingegen steht noch auf dem Standpunkt, dass es sich bei den beanstandeten Funktionen durch das KBA um zulässige Einrichtungen hält. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 17.12.2020 klargestellt, dass Abschalteinrichtungen unzulässig sind, wenn der Emissionsausstoß unter normalen Betriebsbedingungen im Straßenverkehr höher ist als auf im Prüfmodus. Ausnahmen seien nur zum unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung zulässig.

Daimler wird im Abgasskandal der Einsatz unterschiedlicher widerrechtlicher Abschalteinrichtungen vorgeworfen. Dabei geht es unter anderem um Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung oder die AdBlue-Dosierstrategie. „Zum Schutz des Motors vor Beschädigung sind diese Funktionen nicht erforderlich. Daimler dürfte es daher schwerfallen, die Gerichte von der Zulässigkeit der Funktionen zu überzeugen“, erklärt Anda-Geschäftsführer Darius Forghani.

Sehr gute Erfolgsaussichten für Kläger

Daimler wurde schon mehrmals von Gerichten zu hohen Schadensersatzsummen verurteilt, darunter auch von einigen Oberlandesgerichten. Zuerst hat das Oberlandesgericht Naumburg die Daimler AG zu Schadensersatz in Höhe von über 25.000 Euro verurteilt. Auch die Oberlandesgerichte Köln, Nürnberg und Frankfurt positionieren sich im Daimler-Abgasskandal verbraucherfreundlich. Die von Mercedes eingesetzte Abschalteinrichtung Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung wurde vom OLG Frankfurt bereits zweimal als sittenwidrig bewertet und der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Thermofenster, das auch Daimler verbaut hat, als unzulässig bezeichnet.

„Für Mercedes wird es im Dieselskandal immer enger. Die Chancen Schadenersatz durchzusetzen, stehen aktuell sehr gut, insbesondere für Kunden mit Rechtsschutzversicherung, erklärt Anda - Geschäftsführer Andreas Peschel.